Der Quaich

Quaich Trinkbecher für Whisky aus ZinnDer was? Der Quaich. Ach, was das ist? Das ist ein traditioneller und doch sehr ungewöhnlicher Trinkbecher aus Schottland, dessen Blütezeit wohl mit der der schottischen Clans übereinfällt. Heute hat der Quaich leider einen großen Teil seiner historischen Symbolik eingebüßt und wird nur noch selten im Rahmen seiner ursprünglicher Bedeutung verwendet. Schade eigentlich, denn wenn man weiß, wofür, wie und wann er damals genutzt wurde, wäre das sicherlich eine Bereicherung für die Gesellschaft von heute. Vielleicht kann ich ja hier ein wenig Aufklärungsarbeit leisten…

Der Quaich (gesprochen ‚kweich‘ mit ‚ch‘ am Ende, abgeleitet vom gälischen ‚cuach‘ = ‚Becher‘) ist rein technisch gesehen eine kleine Schale mit zwei Henkeln. Verwendet wurde er für den Genuss von Whisky, seitdem dieser in Schottland hergestellt wurde. Er wurde zuerst im 16. Jahrhundert schriftlich erwähnt. Man nimmt an, dass die ersten Quaichs einfache Muschelschalen waren, die man als Trinkgefäße nutzte. Mit der Zeit wurden dann auch andere Materialien wie Horn, Holz oder Stein eingesetzt – jenachdem was regional gerade verfügbar war.

Später wurde die Herstellung eines Quaich zu einer wahren Kunstform erhoben. Die Form wurde zwar kaum verändert, aber die Fertigung wurde anspruchsvoller. Nachdem man Quaiches zunächst noch zumeist aus einem einzelnen Holzstück drehte, verband man bald feine Holzstäbchen beispielsweise mit Nut und Feder oder mit Bändern aus Weide oder Zinn. Am Boden dieser Gebinde befand sich meist eine Silbermünze oder eine gravierte Scheibe mit dem Familienwappen, Initialen, einem Motto oder einem passenden Trinkspruch. Verwendet wurde diese Scheibe, um den Mittelpunkt des Quaich, an dem alle Holzstäbchen sich trafen, zu verdecken und abzudichten.

Als dann im 17. Jahrhundert die Bearbeitung von Metall einfacher wurde, wurden Quaiches auch vollständig aus Metallen wie Zinn hergestellt. Und für die besser gefüllten Geldbeutel gab es dann auch irgendwann den Quaich aus Silber. Bei den entsprechend betuchten Großstädtern im Süden des Landes wurde der Quaich aber erst zum Ende des 17. Jahrhunderts so richtig populär.

Ursprünglich wurde ein Quaich verwendet, um die Verbundenheit von Kameraden, Freuden und auch Liebenden zu symbolisieren. In den Highlands wurde Gästen – egal ob Clanchief oder niederem Kleinbauern – daher über Jahrhunderte vom Hausherrn zum Willkommen und zum Abschied ein Dram aus einem Quaich angeboten. Waffenruhen wurden damit besiegelt und ein Zeichen des neuen Vertrauens gesetzt.

Die beiden Henkel spielten bei diesen Anlässen eine wichtige Rolle. Den Quaich mit beiden Händen haltend, boten dem Trinker keine Möglichkeit, sich vor seinem Gegenüber zu schützen. Man musste einander vertrauen.

Bonnie Prince Charlie und seine Feldküchen waren es, die dem Quaich Mitte des 18. Jahrhunderts den Weg aus den Highlands in die Lowlands verhalfen. Damit verbreiteten sich der Quaich und seine Bedeutung in ganz Schottland. Um das Vertrauen in sein zu diesen Zeiten meist weniger friedliches Gegenüber nicht allzu sehr zu strapazieren, wurden der Quaich damals allerdings häufiger mal mit einem Glasboden hergestellt.

Der Quaich ist jedoch auch als der Schottische Liebesbecher bekannt. Manche Becher wurden früher mit doppeltem Glasboden hergestellt, wobei man zwischen die beiden Böden zum Beispiel eine Locke seines/seiner Geliebten legte. Jeder Schluck wurde so zu einem Symbol der Liebe. Heute wird ein Quaich ab und zu noch bei Hochzeiten verwendet. Teilt sich das glückliche Paar einen Dram aus diesem Quaich, sieht man das als Zeichen für Liebe und Vertrauen an. Dieser Brauch geht auf das Jahr 1589 zurück, als King James VI von Schottland seiner Angetrauten, Anna von Dänemark, einen Liebesbecher als Zeichen seiner Hingebung zum Hochzeitsgeschenk machte.

Beim nächsten Schluck aus einem Quaich mit einem Freund oder einem seiner Lieben kann man sich also an die verbindende historische Bedeutung des Quaich erinnern.

Als Trinkgefäß zum Verkosten heutiger aromareicher Single Malts ist der Quaich wegen seiner fehlenden Tiefe und seiner riesigen Öffnung jedoch denkbar ungeeignet. Das war damals allerdings noch kein Problem, da man nur Blended Whiskys kannte und diese eher wegen ihrer Wirkung als wegen ihres Geschmacks trank.

Wer allerdings nun – durch die üblichen Themen des Whisky-Journals fehlgeleitet – denkt, dass der Quaich nur zum Trinken von Whisky eingesetzt wurde, der täuscht sich. Neben Single Malts wurde aus dem Quaich beispielsweise auch Brandy und Ale getrunken. Damit man für letzterem Einsatz nicht allzu häufig nachgießen musste, gab es dann auch Quaiches mit einer Füllmenge von über einem Liter – und bei der Form wahrscheinlich auch mit eingebauter Mundwinkelüberlaufgarantie.

Unmodern wurden die flachen Trinkschalen erst als im 18. Jahrhundert die Herstellung von Gläsern industriell betrieben werden konnte. Seitdem wurde der Genuss alkoholischer Getränke aus Trinkgläsern insbesondere durch die Nutzung in Pubs und Salons ’salonfähig‘ gemacht. Auch wenn es den Quaich bis heute noch gibt, hat sich daran seither nicht viel geändert.

Zuletzt möchte ich noch auf eine Organisation eingehen, die sich ‚Keepers of the Quaich‚ nennt. Hierbei geht es natürlich nicht um einen konspirativen Geheimbund á la Freimauerer, sondern vielmehr um eine 1988 gegründete Gruppe von Menschen, die sich in der Whiskyindustrie verdient gemacht haben. In der Öffentlichkeit kann man den Eindruck gewinnen, dass es sich hierbei um sich aufopfernde Whiskyliebhaber handelt, zumal der Leitspruch ‚uisge beatha gu brath‘ (Whisky forever) lautet. Liebhaber gibt es unter den mehr als 2000 Mitgliedern auf jeden Fall auch, doch die Kontaktstellen vom Großteil der ‚Keeper‘ zum Whisky sind eher wirtschaftlicher Natur. Nun gut, rechnen wir es ihnen mal hoch an, dass Single Malt in Deutschland heute doch mehr ist als ein Glenfiddich 12yo.

Absatz schaffende Vertreter von Großimporteuren sind also ebenso würdige Keeper wie bekannte Autoren von Literatur zum Wasser des Lebens. Nur ist ihre Einstellung zu Whisky meist deutlich verschieden. Über eine Aufnahme in diesen geschlossenen Kreis der Whiskyindustrie entscheidet letztendlich ein 9-köpfiges Komitee. Der Bewerber muss zuvor von zwei anderen Keepern vorgeschlagen worden sein, von denen einer auch die Kosten der Aufnahme tragen muss.

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